Am 04.03.25 kam das CleaRNetwork zusammen, um den pädagogischen Umgang mit dem Fastenmonat Ramadan in der Schulgemeinschaft zu diskutieren. Hierzu gab das CleaRNetworking-Team einen kurzen Input mit theologischen Einordnungen und möglichen pädagogischen Handlungsansätzen. Anschließend diskutierten die Teilnehmenden unter dem Stichwort „Fasten, Lernen, Miteinander“ Chancen und Herausforderungen, die mit der Berücksichtigung des islamischen Fastenmonats im Schulalltag einhergehen können.

Theologische Hintergründe – Spirituelle, soziale und gesundheitliche Dimensionen

Das jährliche Fasten im Ramadan sei eine der sogenannten fünf Säulen bzw. Hauptpflichten des Islams [1], erläuterte unser Projektleiter Dr. Junus el-Naggar in seinem Impulsvortrag. 2025 dauert der Ramadan vom 01. bis 29. März und endet mit dem Fest des Fastenbrechens am So, 30.03.25. Im Ramadan verzichten Muslim:innen weltweit vom Morgengrauen bis zum Sonnenuntergang auf Essen, Trinken, Rauchen, das Kauen von Kaugummi und sexuelle Handlungen. Darin erschöpfe sich der theologische Sinn dieses Monats jedoch keineswegs: Vielmehr sei der Ramadan eine alljährliche Schule für den bewussten Umgang mit Körper und Geist sowie für das bewusste Handeln und Leben. „Man fastet nicht nur mit dem Magen, auch mit den Augen, Ohren, mit der Zunge“, so el-Naggar. Vom Fasten ausgenommen seien unter anderem Kinder (die die Geschlechtsreife noch nicht erreicht haben), kranke Menschen, Reisende sowie menstruierende Personen.

Er sei eine Zeit der Besinnlichkeit, Einkehr und (Selbst)Reflexion, in der sich Muslim:innen weltweit mit der Beziehung zu ihrem Schöpfer auseinandersetzen würden, etwa indem sie vertieft(er) den Koran lesen oder theologische Veranstaltungen in Moscheegemeinden besuchen . Schließlich sei der Ramadan auch eine Zeit der Gemeinschaft, in der Muslim:innen in ihren Communitys und/oder Familien zusammenkämen, um gemeinsam Zeit zu verbringen. Auch die gesundheitlichen Vorteile des Fastens seien inzwischen durch eine Vielzahl von Studien belegt [2].

Handlungsempfehlungen für den Schulalltag

  1. Rücksicht auf die Leistungsfähigkeit muslimischer Schüler:innen nehmen
  • Auf die individuellen Leistungsfähigkeiten der Schüler:innen Rücksicht nehmen – bei manchen steigert das Fasten die Leistungsfähigkeit. Andere tun sich schwerer;
  • Klausuren und Prüfungstermine falls möglich nicht in diese Zeit oder alternativ in die frühen Unterrichtsstunden legen;
  • Körperlich außerordentlich anstrengende Einheiten im Sportunterricht ggf. in andere Monate verlagern, Achtsamkeitsübungen in den Unterricht einbauen;
  • Der Ramadan „entbindet keineswegs von schulischer Verantwortung. Daher darf das Fasten nicht als Vorwand genutzt werden, um sich von Wandertagen oder Klassenfahrten sowie vom Sport- oder Schwimmunterricht abzumelden“ [2]“
  1. Wertschätzende Kommunikation
  • Das Kollegium über die besonderen Herausforderungen dieses Monats sensibilisieren und informieren, z.B. durch eine Informationsveranstaltung; Infobrief
  • Mit Schüler:innen ins Gespräch über individuelle Ressourcen ins Gespräch kommen, die diese im Ramadan für ihr eigenes Leben sehen;
  • Positive Erfahrungen mit dem Fastenmonat im Schulunterricht thematisieren;
  1. Proaktiv Grenzen kommunizieren – Religiöse Praxis ermöglichen, Gruppendruck vermeiden
  • Im Klassenverband darüber sprechen, dass Fasten zwar eine kollektive Pflicht, zugleich aber auch eine persönliche Entscheidung ist und niemand dazu gedrängt werden dar;
  • Ausüben von Gruppendruck klar kritisieren und verbieten, ohne die religiöse Praxis selbst in Frage zu stellen;
  • In einem geschützten Rahmen kann die Klasse über Gruppendruck und Respekt für unterschiedliche Entscheidungen sprechen;
  • Eine Frage könnte sein: „Wie können wir einander in unserer persönlichen Entscheidung unterstützen?“;
  1. Dem Ramadan einen Platz in der Schule geben
  • Einen Elternabend für alle Eltern in der Schule veranstalten. Dort über den schulischen Umgang mit dem Fastenmonat informieren;
  • Ein interkulturelles und interreligiöses Fastenbrechen in der Schule veranstalten, das idealerweise von Schüler:innen mitgestaltet wird;
  • Einladen, dass auch nicht-muslimische Schüler:innen einen Fastentag ausprobieren, wenn sie möchten
  • Kleine Feier des Fastenbrechens in der Klasse;
  • Gratulation an muslimische Schüler:innen durch Schul-/Klassenleitung aussprechen;
  1. Rechtliche Perspektiven auf Freistellungen im Ramadan
  • Eltern haben das Recht, an religiösen Feiertagen für ihre Kinder einen Antrag auf Unterrichtsbefreiung zu stellen;
  • Die Freistellung gilt nur für den ersten Tag des jeweiligen Festes;
  • Der Antrag muss schriftlich bei der Schul-/Klassenleitung eingereicht werden;
  • In 12 von 16 Bundesländern gibt es gesetzliche Regeln zur Freistellung muslimischer Schüler:innen an islamischen Feiertagen [3];
  • Unabhängig davon ersteht für alle muslimischen Schulkinder aus dem Grundrecht auf Religionsfreiheit gemäß Artikel 4 Grundgesetz ein Recht darauf, religiösen Feiertagen und den damit verbundenen religiösen Pflichten nachzukommen [4].

Insgesamt seien Jugendliche dann am ehesten zu ‚Kompromissen‘ bereit, “wenn sie nicht das Gefühl haben, etwas verteidigen zu müssen“ [5], betonte CleaRNetworking-Teammitglied Sören Sponick zum Abschluss der Veranstaltung. Ganz im Sinne unseres Präventionsansatzes im Projekt CleaRNetworking sei eine aufgeschlossen-zugewandte und neugierige Haltung geboten, die sich dafür interessiere, warum die jeweiligen Schüler:innen fasten und was es ihnen persönlich gibt, so CleaRNetworking-Teammitglied Zöhre Yari. Eine solche Haltung könne wesentlich dazu beitragen, die Chancen und Potenziale einer adäquaten pädagogischen Berücksichtigung des Ramadan in der Schule zu heben, ohne die Herausforderungen, die damit einhergingen, zu ignorieren. Das digitale Netzwerktreffen endete mit einer Diskussion der Teilnehmenden über Ressourcen und Herausforderungen, die mit dem Ramadan im Schulleben einhergehen.

Zum Weiterlesen:

[1] Wikipedia (o.J.): Islam. Online verfügbar unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Islam#F%C3%BCnf_S%C3%A4ulen.

[2] Verband muslimischer Lehrkräfte (2022): Handreichung Ramadan 2022. Online verfügbar unter: https://vml-deutschland.de/handreichung-ramadan-2022/.

[3] Islamiq (2022): Ramadanfest – Können Eltern ihre Kinder vom Unterricht beurlauben? Online verfügbar unter: https://www.islamiq.de/2022/04/28/befreiung-muslimischer-schueler-am-ramadanfest-vom-unterricht/

[4] Forum Recht und Islam (o.J.): Unterrichtsfrei an islamischen Feiertagen? Online verfügbar unter: https://www.recht-islam.de/faq/unterrichtsfrei-an-islamischen-feiertagen/.

[5] Muslimische Akademie Heidelberg (2025): RAMADAN – Umgang mit dem Fastenmonat im Kontext Schule. Online verfügbar unter: https://www.muslimische-akademie-heidelberg.de/veranstaltungen/ramadan-umgang-mit-dem-fastenmonat-in-der-schule.